Kategorien: Software-Schutz

Schutz und Monetarisierung von geistigem Eigentum in der additiven Fertigung

Die additive Fertigung hat die Kinderschuhe längst abgelegt. Bereits im Jahr 1987 erblickte der erste 3D-Drucker das Licht der Welt und es mussten viele Herausforderungen gemeistert werden, damit heute Teile in der geforderten Qualität und zu einem konkurrenzfähigen Preis gedruckt werden können. Ein Thema steht bisher aber noch zu Unrecht im Hintergrund: Wie steht es um den Schutz der 3D-Druckdaten vor Piraterie und wie können Teile nachvollziehbar und sicher abgerechnet werden?

Der Aufstieg der additiven Fertigung

Wie so oft gibt es bei der Umsetzung technisch hochkomplexer Lösungen eine Vielzahl von Teilproblemen, die sich erst mit der Zeit und mit viel Erfahrung lösen lassen. Erste Ideen und Konzepte zum 3D-Druck gab es bereits in den 70er Jahren; der erste 3D-Drucker wurde schließlich von dem Physiker Chuck Chull im Jahre 1987 auf den Markt gebracht. Heute ist es schon fast selbstverständlich, dass man Objekte mit unterschiedlichen Materialien an einem Ort der Welt designt und an anderen Orten ausdruckt. Was mit Rapid Prototyping begann, also der schnellen Verfügbarkeit von Prototypen eines Objekts, findet heute seine Fortsetzung in der Erstellung von Ersatzteilen, Umsetzung von Kleinserien und individualisierten Produkten. Die Industrie plant aber bereits eine tiefere Einbindung der additiven Fertigung in heutige Produktionsprozesse. Die Vorteile liegen auf der Hand. Der Wegfall von aufwändigen Lieferketten und der daraus resultierende geringere CO2-Fußabdruck eines Teiles auf der einen Seite und die schnelle On-Demand-Produktion ohne aufwändige Werkzeugentwicklung auf der anderen Seite machen die additive Fertigung zu einem Türöffner für einen schnelleren Time-to-Market-Ansatz und neue Geschäftsmodelle.

Natürlich gibt es auch heute noch genügend Herausforderungen in diesem Bereich, die nach Lösungen suchen. Ein Thema steht dabei, wie einleitend schon erwähnt, zu Unrecht noch im Hintergrund, denn es ist eine wichtige Grundlage für den Aufbau eines Businessmodells in der additiven Fertigung: Wie können die Druckdaten entlang der Prozesskette geschützt werden und wie ist es möglich, nachvollziehbar und fälschungssicher die Anzahl der gedruckten Objekte abzurechnen?

Der Prozess der additiven Fertigung

Um sich diesem Thema nähern zu können, muss man sich den grundsätzlichen Ablauf der Prozesskette vom Design bis hin zum Druck eines Objekts anschauen, in den verschiedene Partner eingebunden sind. Am Anfang steht die Entwicklung eines digitalen Objekts, das das geistige Eigentum des Herstellers beinhaltet. Dies gilt es bestmöglich zu schützen, denn nur dann lässt sich eine Vermarktung überhaupt realisieren. Solange der Rechteinhaber auch die Druckvorbereitung und den Druck selbst durchführt, ist das kein Problem. Der sich entwickelnde Markt des 3D-Drucks stellt aber andere Anforderungen. Das Objekt des Rechteinhabers wird oft als Teilprodukt eines Gesamtprodukts von Integratoren verwendet, d.h. der Druck wird nicht mehr unter der Kontrolle des Rechteinhabers erfolgen. Das Business des 3DDrucks wird aus Kostengründen aber immer mehr von 3D-Serviceprovidern dominiert werden, die sich lokal im Umfeld des Integrators auf den Druck von 3D-Objekten spezialisieren. Es ist deswegen erforderlich, dass das zu schützende Objekt über die gesamte Prozesskette hinweg bearbeitet werden kann, aber trotzdem geschützt bleibt.

Vorbereiter- und Drucklizenzen

Auf den ersten Blick klingt das nach sich widersprechenden Anforderungen. Solche Anforderungen wurden aber schon lange im Bereich des Softwareschutzes und des Lizenzmanagements gelöst. Die CodeMeter-Technologie von Wibu-Systems ermöglicht auf Basis kryptografischer Standardverfahren einerseits die Verschlüsselung von digitalem geistigem Eigentum, erlaubt aber gleichzeitig auf der anderen Seite die Verteilung dieser Schlüssel in Form von Lizenzen auf sichere Art und Weise weltweit rund um die Uhr, einschließlich einer Integration in bestehende Prozessketten.

Schauen wir uns eine solche Prozesskette an einem konkreten Beispiel an. Zielsetzung dabei ist, dass das B2B-Ersatzteilgeschäft eines Herstellers aus der Automobilindustrie kontinuierlich digitalisiert wird. Dazu existiert heute bereits ein Shopsystem, in dem registrierte Kunden Ersatzteile kaufen können. Dieses Shopsystem ist in die Auftragsabwicklungssysteme des Unternehmens so nahtlos integriert, dass ein höchstmöglicher Automatisierungsgrad gegeben ist. Findet heute noch der physikalische Versand der Ersatzteile über die eingespielten Logistikketten statt, so soll man dort die Teile auch als verschlüsselte Dateien herunterladen können.

Zusätzlich erhält der Kunde eine spezifische Verarbeitungslizenz, mit der die Druckvorbereitung durchgeführt werden kann. Über eine weitere, auftragsspezifische Drucklizenz wird dann noch festgelegt, wie viele Objekte der Kunde maximal gemäß der gekauften Anzahl drucken darf. Die Abbildung auf dieser Seite zeigt den kompletten Ablauf in der Übersicht.

The entire process chain for additive manufacturing combined with protection and monetization

Die CodeMeter-Technologie dient dabei als verknüpfendes Element für das Sicherheitsund Lizenzmanagement zwischen allen Komponenten. Die Verschlüsselung der 3D-Daten und des Printjobs erfolgt auf Basis der Standardprodukte und steht für viele Zielplattformen und Programmiersprachen als Bibliothek zur Verfügung. Die lange Erfahrung von Wibu-Systems im industriellen Bereich ermöglicht durch das breite Portfolio auch die Unterstützung von Embedded-Systemen. Hersteller von Vorbereitungssoftware und 3D-Druckern können somit auf fertige Bibliotheken zurückgreifen, um den Schutz geistigen Eigentums beim 3D-Druck einfach integrieren und anbieten zu können. Die sichere Aufbewahrung der kryptografischen Schlüssel kann wahlweise je nach Randbedingungen oder Sicherheitsbedürfnis über einen CmDongle, eine rein softwarebasierte Lösung (CmActLicense) oder aber über die CmCloud erfolgen.

Ein Zugriff auf die Inhalte der verschlüsselte 3D-Dateien ist dann nur möglich, wenn die entsprechende Vorbereiterlizenz auf dem Arbeitsplatz zur Verfügung steht, und ein Drucker kann die Teile nur dann drucken, wenn die erforderliche Drucklizenz vorhanden ist. Diese Lizenzen enthalten die notwendigen Schlüssel für den Zugriff, aber im Falle der Drucklizenz auch einen sicheren Zähler, der zur Kontrolle der Stückzahl der ausgedruckten Teile verwendet wird. Für die Einrichtung und Verteilung der Vorbereiter-und Drucklizenzen kommt das bewährte Lizenzmanagementsystem CodeMeter License Central zum Einsatz, das durch die Webservice-Schnittstellen auch in vorgelagerte E-Commerce- oder Auftragsabwicklungssysteme integriert werden kann. Die Auslieferungvon Lizenzen erfolgt im Idealfall ganz einfach per Onlineaktivierung, bei nach außen abgeschirmten Arbeitsplätzen oder 3D-Drucksystemen ist aber auch eine Aktivierung der Lizenzen über Dateiaustausch möglich.

Vision trifft Realität

Wer nun aber glaubt, das alles bleibe nur graue Theorie und ließe sich in der Praxis aus diversen Gründen nicht umsetzen, wird eines Besseren belehrt. Das oben dargestellte Beispiel eines Automobilherstellers in Kooperation mit einem namhaften 3D-Druckerhersteller auf Basis der Technologie von Wibu-Systems wird noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Damit ist der erste Schritt in eine digitale Zukunft der additiven Fertigung getan. Und wie schon Konfuzius wusste: Auch der längste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Wir freuen uns auf die Zukunft.

 

KEYnote 43 – Frühjahr-/Sommerausgabe 2022

Nach oben